Mit dem Financial Fair Play ist es so eine Sache. Geld schießt keine Tore. Dieser Satz ist in den letzten Jahren deutlich ins Wanken gekommen. Wer dauerhaft oben mitspielen will, braucht Geld, viel Geld. Das Tabellenbild fast aller europäischen Ligen zeigt ein klares Gefälle: Vorne und im oberen Drittel stehen die Mannschaften, die über gut gefüllte Kassen verfügen – der Rest der Mannschaften balgt sich um die Plätze dahinter. Wem gelingt der Anschluss nach oben? Jeder Platz in der Abschlusstabelle der Liga spült ein paar Millionen mehr in die Kasse, den TV-Geldern sei Dank. Ein Europacup-Platz ist sportlich eine feine Sache, für die Verantwortlichen vor allem deshalb, weil er immer auch eine Finanzspritze für den Verein bedeutet. Schade nur, wenn hoffnungsvolle Nachwuchsspieler, die auf der europäischen Bühne vorspielen, sowieso schnell von finanzkräftigeren Vereinen weggekauft werden. Financial Fair Play sieht anders aus. Es ist die Zeit der Mäzene und Sponsoren. Geldgeber, die Millionen in Vereine pumpen – fast schon egal, ob es sich dabei um Konzerne, russische Oligarchen oder arabische Emire handelt. Retortenmannschaften, die im Schnelldurchlauf den Durchmarsch in höhere Spielklassen schaffen. Geld schießt keine Tore? Eben doch.
Kein Wunder also, dass die Finanzspirale im Fußball sich immer schneller immer weiter nach oben dreht, immer höhere Irrsinnssummen für Spieler gezahlt werden. Nicht genug Geld in der Kasse? Dann heißt es weiter kleine Brötchen backen oder – jeder muss sehen, wo er bleibt – eigene Geldgeber auftreiben oder neue Geschäftsmodelle entwickeln. Der Verein, der sich gar nicht mehr selbst gehört, ist längst Realität. Wer all das nicht will, dem bleibt fast nur eins: Sich verschulden – und darauf hoffen, dass die Investition sich auszahlt und der “Return on Investment” nicht allzu lange auf sich warten lässt. Während der Fan mit seiner Mannschaft um den sportlichen Erfolg zittert, hat sich bei den Verantwortlichen der Blickwinkel bereits deutlich verschoben. Ein Fußballverein ist ein Wirtschaftsunternehmen und muss vor allem eins sein: Wirtschaftlich erfolgreich.
Und was will die UEFA?
Diese Entwicklung ist natürlich auch an der UEFA nicht spurlos vorbei gegangen. Mit einem Financial Fair Play Konzept möchte sie nach eigenem Bekunden “die finanzielle Gesundheit des europäischen Klubfußballs verbessern.” Finanziell gesund ist der, das wissen wir alle, der nicht mehr ausgibt, als er einnimmt. Und das sollte, zumindest nach dem Willen der Financial Fair Play Regeln der UEFA, auch für Klubs gelten, die an europäischen Wettbewerben teilnehmen: Um ausgeglichene Bilanzen durchzusetzen, behält die UEFA sich vor, Einsicht in die Bücher der Vereine zu nehmen und die Teilnahme an europäischen Wettbewerben unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu regulieren.
Natürlich weiß auch die UEFA, dass Ausgaben und Einnahmen schon mal ins Trudeln geraten können, dass Investitionen nötig sind, der ROI auf sich warten lässt. Deshalb sind in gewissem Rahmen und für die jeweiligen Kontrollzeiträume, Überschreitungen möglich solange die Vereine entsprechende Sicherheiten vorweisen können.
Financial Fair Play: Gelbe Karten verteilt
Dass es der UEFA mit ihrem Financial Fair Play Reglement ernst ist, zeigt das rigorose Vorgehen gegen zehn europäische Clubs, darunter so erlauchte Namen wie Inter Mailand. Benfica Lissabon, Paris Saint Germain und Besiktas Istanbul. Wegen Regelverstoß wurden teils drastische Geldstrafen verhängt. Am härtesten traf es dabei Inter: Der Club muss sechs Millionen Euro Strafe bezahlen und darf 2017 keine neuen Schulden machen. Außerdem wird der Kader für die CL auf 21 Spieler begrenzt. Die UEFA hat also schon einmal drastisch und exemplarisch ihre Muskeln spielen lassen.
Glück hingegen hatte der VFL Wolfsburg. Der musste zwar auch mit den Geschäftsbüchern unterm Arm vorsprechen, durfte dann aber, zumindest bis auf weiteres, unbehelligt nach Hause gehen. Die CL-Saison 2015/16 kann für die “Wölfe” also kommen.
Dient Financial Fair Play der “Wahrheitsfindung”?
Ob in der Fairplay-Verpackung der UEFA tatsächlich Fairplay drin steckt? Das ist äußerst fraglich. Es ist schwer vorstellbar, dass die großen, einflussreichen Clubs auf Dauer nicht Mittel und Wege finden werden, Geschäftsmodelle zu entwickeln, die den UEFA-Anforderungen zumindest formal entsprechen werden. Zudem sind sie sicher in der Lage, eventuelle Geldstrafen on top mit zu finanzieren. Wer sich ungerecht behandelt fühlt (und die nötige Kohle für teure Anwälte besitzt) könnte sich auch überlegen, vor ein ordentliches Gericht zu ziehen. Ein möglicherweise langwieriges Verfahren auf sich zu nehmen und ein Grundsatz-Urteil zu erwirken, ist allemal erfolgversprechender als sich dauerhaft von der UEFA maßregeln zu lassen. Bosmann lässt grüßen.
Fazit: Auf der Strecke bleiben auch hier vor allem die “kleinen” Vereine oder die Traditionsvereine, die den wirtschaftlichen Turn-Around nicht geschafft haben und ins europäische Abseits geraten sind. Sie haben jetzt nicht einmal mehr die Chance, sich “zukunftsorientiert” zu verschulden. Financial Fair Play könnte am Ende bedeuten: Das Gefälle zwischen Arm und Reich wird nicht kleiner, sondern größer. Da ist es im Fußball also ganz wie im richtigen Leben.