Das Wunder vom Betzenberg – Lauterns Triumph über Real Madrid

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Fritz-walter-stadion Stimmung Fans

Das Fritz-Walter-Stadion hat vor dem großen Umbau zur WM 2006 viele große Momente und Spiele erlebt, gilt als eine der legendärsten und ikonischsten Arenen Deutschlands. Einer der größten Momente des Stadions war der Kantersieg über das große Real Madrid im UEFA-Cup 1982. Viele Fans der roten Teufel bekommen heute noch eine Gänsehaut, wenn sie an dieses Viertelfinal-Rückspiel zurückdenken.

Ein Hammerlos und die Mission Impossible

Real Madrid Kaiserslautern 1982

Schon damals war Real Madrid einer der größten Fische im europäischen Teich, hatte gegen den 1. FC Kaiserslautern die klare Favoritenrolle inne. FCK-Spieler Friedhelm Funkel beschrieb die Madrilenen als „gigantischen Gegner“. Im Hinspiel wurden Los Blancos ihrem Ruf gerecht und spielten den Bundesligisten beim 3:1-Heimsieg im Santiago Bernabeu an die Wand. Mit Stars wie del Bosque, Cunningham und Camacho hatten die Hausherren absolute Top-Stars in ihren Reihen und konnten mit spielerischer Klasse überzeugen. Dazu teilten sie aber auch ordentlich aus, wie die beiden verletzungsbedingten Auswechslungen der Lautrer und unzählige Fouls der Madrilenen eindrucksvoll belegten. Extrem schwierige Voraussetzungen also, um das Ergebnis vor heimischer Kulisse noch einmal umzubiegen und den Einzug ins Achtelfinale zu schaffen.

Deutsche Abgezocktheit gegen spanische Überhärte

Trotz dieser schlechten Vorzeichen kochte die Stimmung beim Rückspiel am Betzenberg schon vor dem Anpfiff schier über, die 34500 Zuschauer standen wie eine Wand hinter den roten Teufeln. 14 Tage nach der schmerzhaften Niederlage musste man über sich hinauswachsen, um die minimale Chance auf das Weiterkommen zu nutzen. Es würde neben der richtigen Einstellung und einer fußballerischen Höchstleistung auch eine gehörige Portion Glück brauchen, um dem europäischen Schwergewicht den Schneid abzukaufen.

Um gegen die physisch starken Gegner nicht wie im Hinspiel ins offene Messer zu laufen, schmiedete Coach Kalle Feldkamp einen Plan. Seine Spieler sollten Fouls provozieren und das Publikum anzustacheln, um so möglicherweise Platzverweise gegen Real zu erwirken. „Geht selbst bis an die Grenze des Erlaubten, bringt das Publikum hinter euch!“, verlangte der Trainer. Den überharten Tackles der Spanier begegnete man auf dem Rasen wie besprochen mit leichter Theatralik. Der Plan ging auf und der Unparteiische zeigte den Madrilenen mit einer gelben früh die Grenzen des Erlaubten auf. Dadurch konnten die Lautrer freier aufspielen und wurden nicht andauernd mit unfairen Aktionen aus ihrem Spielfluss gebracht.

Der Doppelschlag von Funkel bringt den Vorteil

Und diesen Spielfluss nutzte der FCK mit Bravour, erzielte durch Friedhelm Funkel in der siebten Minute das extrem wichtige frühe Tor. Der Stürmer ließ sieben Minuten später eine weitere Bude folgen, die die Favoriten unter Druck setzte. Die Königlichen wurden durch diesen unerwarteten Doppelpack aus dem Konzept gebracht und von den überragenden Lautrer komplett an die Wand gespielt. Spielmacher Hannes Bongartz nahm seine Gegenspieler reihenweise auseinander, Hans-Peter Briegel ließ auf Linksaußen die komplette Abwehr stehen.

Los Blancos sahen sich einer unfassbar starken Mannschaft entgegen und verloren Mitte der ersten Halbzeit komplett die Nerven. Binnen sechs Minuten flogen San José und Cunningham nach Frustfouls vom Platz. Die Spanier gingen nach 45 Minuten mit neun Mann und einem 0:2 in die Kabine, die halbe Miete war für den FCK eingefahren. Von den Fans getragen legte das Team eine perfekte erste Hälfte hin, präsentierte sich sowohl taktisch als auch spielerisch auf allerhöchstem Niveau.

Die Machtdemostration der roten Teufel

Ab dem Wiederanpfiff ging es nach genau diesem Schema weiter. In der 50. Minute bat Hannes Bongartz das weiße Ballet zum Tanz und krönte ein tolles Solo mit einem präzisen Abschluss, der zum 3:0 neben dem Pfosten einschlug. Als Norbert Eilenfeldt sechs Minuten später auf 4:0 erhöhte, gab es im ganzen Stadion kein Halten mehr. Den roten Teufeln gelang in diesem Spiel einfach alles, der haushohe Favorit wurde komplett auseinandergenommen.

Dementsprechend hilflos liefen die Gäste gegen die Übermacht des FCK an. Ein Handelfmeter in der 60. Minute sorgte noch einmal für einen Hoffnungsschimmer bei den Spaniern. Doch FCK-Schlussmann Ronnie Hellström tat es seinen Vorderleuten gleich und parierte den Strafstoß mit einem überragenden Reflex. Da war auch dem letzten Real-Spieler klar, dass es in Kaiserslautern an diesem Tag nichts zu holen gibt. In der 67. Minute brachte das Frustfoul von Pineda den Madrilenen die dritte rote Karte und damit eine dreifache Unterzahl ein.

Das letzte Tor der Partie ließ diese magische Nacht perfekt ausklingen. Reiner Geye netzte kurz nach dem Platzverweis zum 5:0 ein, das Fritz-Walter-Stadion bejubelte seine Helden schon vor dem Schlusspfiff ausgelassen. In Kaiserslautern wurde anschließend noch bis in den Morgen gefeiert, an Schlaf war wohl für keinen der Beteiligten zu denken. Für viele FCK-Fans ist der 17.03.1982 bis heute die schönste Partie in der Geschichte des Fußballs. Fans und Team im Einklang, die Stimmung auf dem Siedepunkt und eine perfekte fußballerische Leistung gegen den haushohen Favoriten – so werden Fußball-Märchen geschrieben!