Mit tiefernster Miene, in Rüstung und Uniform gekleidet, einen Ritterhelm unter dem Arm und jeweils einer Hand an der Champions League Trophäe laufen Paul Breitner und Lars Ricken ins Wembley-Stadion. Dieser absurde Auftritt als Teil der noch absurderen Eröffnungszeremonie des deutschen Champions-League Finales 2013 ist auf eine (ungewollte) Art Lars Rickens zweiter denkwürdiger Champions-League Moment. Die jüngeren Fans kennen vielleicht gar nicht Rickens wirklichen großen Moment vor nunmehr 19 Jahren im Münchener Olympiastadion. Lars Ricken war damals 20 Jahre alt, schon seit drei Jahren im Profikader des BVB, jüngster Torschütze der Bundesligageschichte und eines der größten deutschen Talente. Und der BVB unter Ottmar Hitzfeld stand im Champions-League Finale gegen den großen Favoriten Juventus Turin.
„Ricken…Lupfen jetzt…Jaaaaa!“
Ein Doppelpack von Karl-Heinz Riedle brachte den Außenseiter überraschend in Führung, doch Superstar Alessandro del Piero schoss mit einem schönen Hackentor den Anschluss. Als Ricken in der 71. Minute eingewechselt wird scheint der Ausgleich eine Frage der Zeit. Doch dann kommt es zu einem dieser Fußballmärchen. Denn 10 Sekunden nach seiner Einwechslung schießt er ein Traumtor zum entscheidenden 3:1. Der Lupfer über den zu weit draußen stehenden Torwart macht ihn zur BVB-Legende, das Tor wird später zum Jahrhunderttor gewählt, selbst Marcel Reif wird im Kommentar ganz emotional.
Ricken´s Karriere nach dem Raketenstart ohne den ganz großen Durchbruch
Sind wir doch mal ehrlich – wie kann ein Spieler, der mit 19 Jahren mit dem „BVB-Tor des Jahrhunderts“ den Verein zum Champions League-Sieg schoss noch seine Karriere toppen. Wenn man heute auf seine Karriere zurückblickt, bleibt nicht viel mehr als dieses Tor. Auf Youtube findet man nur das Tor gegen Juventus und Auftritte bei „Lanz“. Für die nächsten Jahre war er zwar fester Bestandteil des offensiven Mittelfelds des BVB, der Durchbruch gelingt ihm aber nie. Mehr als sechs Ligatore schoss er nie in einer Saison und in der damals so talentfreien Nationalmannschaft konnte er sich auch nie durchsetzen, bei 16 Länderspielen war Schluss.
Nicht dass alles schlecht war, 2002 wurde der BVB mit Ricken als Stammspieler Meister und er wurde darauf für den WM-Kader nominiert. Aber er wurde immer an den Hoffnungen an sein Talent gemessen und dem wurde er nie wirklich gerecht. Als er sich 2005 das Kreuzband riss war die Hoffnung endgültig gestorben, zwei Jahre später war er nicht einmal mehr Teil des Profikaders und spielte noch zwei Saisons für die zweite Mannschaft. Kurz darauf beendete er seine Karriere ohne jemals für einen anderes Verein gespielt zu haben.
Kaiserjahre bringen Lars Ricken in die Tratschblätter
Auch wenn man sich heute die Google Suchanfragen in Verbindung mit Lars Ricken anschaut ist sein Name in Kombination mit Andrea Kaiser mehr nachgefragt als sein Tor beim Champions League-Sieg gegen Juventus. Die Beziehung zwischen Lars Ricken und Andrea Kaiser ging nach nur dreijähriger Ehe im Sommer 2013 in die Brüche. Ein gutes Jahr später hatte Lars Ricken eine neue Freundin mit der er mittlerweile ebenfalls verheiratet ist. Seit Mai 2016 sind Lars Ricken und seine Freundin Franziska stolze Eltern einer Tochter Namens Flora. Zum privaten Glück gesellt sich auch berufliche Kontinuität.
Was macht Lars Ricken heute?
Seit 2002 ist Lars Ricken als Nachwuchskoordinator beim BVB, sein Vertrag wurde kürzlich bis zum Jahr 2021 verlängert. Damit wäre Lars Ricken über 30 Jahre bei Borussia Dortmund – eine Vereinstreue die in der heutigen Zeit ganz selten ist, die für seinen Charakter spricht und die man ihm durchaus höher anrechnen sollte als sein legendärer Moment im Olympiastadion vor fast 20 Jahren.