„Raúl ist einer der besten Spieler Europas. Er ist die Personifikation von Real Madrid.“ Mit diesen Worten beschrieb der Kaiser Franz Beckenbauer treffend den ikonischsten Angreifer in der Geschichte des spanischen Fußballs. Bei Teamkameraden wie Zinedine Zidane, Ronaldo, Luis Figo und Cristiano Ronaldo sollte man meinen, dass da nicht mehr viel Platz für weitere große Namen ist. Doch Raúl war nicht nur einer von vielen Top-Stars, sondern der Kapitän dieser Masse an Weltfußballern. Heute gilt der Spanier als einer der besten Stürmer aller Zeiten, stellte seine Fähigkeiten auf dem Weg an die Spitze unzählige Male unter Beweis.
Raúl kam am 27. Juni 1977 im Süden Madrids zur Welt und wuchs im Stadtbezirk Villaverde auf. Die Begeisterung für den Fußball bekam er bereits früh in die Wiege gelegt, Vater Pedro war selbst ein glühender Madrid-Fan. Doch nicht von Real, wie man vermuten würde, sondern vielmehr begeisterter Anhänger vom Stadtrivalen Atletico. Dort begann Raúl dann auch seine Karriere, in der Jugendabteilung der Colchoneros kickte er bis zu seinem 15ten Lebensjahr. Atleticos Chefetage beschloss dann jedoch, die Jugendabteilung wegen zu hoher Kosten dichtzumachen, sodass der kleine Raúl jetzt vereinslos war. Daraufhin wechselte er in die Jugendabteilung von Real Madrid, der Rest ist, wie man so schön sagt, Geschichte.
Der Anführer der Galacticos
Und was für eine Geschichte: In 745 Spielen erzielte der Spanier 326 Tore für Real und ist nach Messi und Ronaldo mit 75 Treffern Top-Torschütze der Champions League. Mit Los Blancos gewann er dreimal die Champions League, wurde sechsmal spanischer Meister und holte viermal den spanischen Supercup. Besonders in der Königsklasse brillierte Raúl wie kaum ein Zweiter, zeigte gerade in den großen Spielen seine ganze Klasse: 1999/2000 bewahrte er sein Team gegen Manchester United mit zwei Treffern vor dem Ausscheiden,ein Jahr später war er gleich an drei Treffern gegen Galatasaray beteiligt, die den Einzug in die nächste Runde bedeuteten. In der Saison 2001/02 trumpfte er im Halbfinale gegen Barcelona auf und sicherte Real mit einem Tor und einer Vorlage das Endspiel-Ticket. Dort steuerte er dann gegen Leverkusen ein Tor beim 2:1-Sieg bei, auch im Final-Triumph von 2000 traf er gegen Valencia. 2002/03 erwischte es dann wieder Manchester United, denen beim 3:1-Heimsieg zwei Treffer einschenkte. Im Rückspiel verloren die Madrilenen ohne Raúl im Kader mit 3:4, was aber fürs Weiterkommen reichte.
Doch Raúl war nicht nur ein reiner Torjäger, er hatte sowohl auf als auch neben dem Platz viele weitere Qualitäten, die ihn unverzichtbar für seine Teams machten. In 932 Spielen auf Vereinsebene sah er beispielsweise nicht eine einzige rote Karte, trat stets als fairer und respektvoller Sportsmann auf. Neben den Qualitäten im Abschluss war auch sein Dribbling und seine Vielseitigkeit gefürchtet, der Madrilene konnte in seinen besten Zeiten auf jeder Offensiv-Position zum Einsatz kommen. Raúl war ein absoluter Leader und gilt auch heute noch für viele Real-Fans als legendärster Spieler des Vereins. Im Jahre 2001 war er zudem sehr nah an der höchsten individuellen Auszeichnung der Fußballwelt dran, landete bei der Wahl zum Weltfußballer des Jahres auf dem dritten Platz. Im Nationalteam reichte es nie für den ganz großen Wurf, mit 47 Toren in 113 Spielen war Raúl trotzdem ein unfassbar wertvoller Angreifer für sein Land.Er sorgte 1999 gegen Österreich mit einer unfassbaren Performance für Begeisterungsstürme, als er in der EM-Quali vier Tore und drei Vorlagen in einer Partie erzielte.
Erfolge von Raúl
- 3 x Champions-League-Sieger (1997/98, 1999/2000, 2001/02)
- 2x Weltpokalsieger (1999, 2003)
- 1x UEFA Supercup Sieger (2001/02)
- 6 x spanischer Meister (1994/95, 1996/97, 2000/01, 2002/03, 2006/07, 2007/08)
- 1 x deutscher Pokalsieger (2010/11)
- 1 x NASL-Meister (2015/16)
- NASL Soccer-Bowl-Sieger (2015/16)
- 4 x spanischer Supercup-Sieger (1996/97, 2000/01, 2002/03, 2007/08)
- 1 x deutscher Supercup-Sieger (2010/11)
Von den Königlichen zu Königsblau
Im Herbst seiner Karriere entschied sich die lebende Legende dazu, seinen Platz auf der Reservebank zu verlassen und eine neue Herausforderung anzustreben. Zur Saison 2010/11 wechselte er zum FC Schalke 04 und erhielt dort einen Zweijahresvertrag. In Deutschland angekommen spielte sich der Spanier sofort in die Herzen der Fans, war an 39 Treffern in 66 BL-Partien beteiligt. Raúl erlebte 2010/11 die wohl beste Schalker Saison des aktuellen Jahrtausends und trug maßgeblich zum exzellenten Ausgang bei. In der Liga tütete er gleich zwei Hattricks ein, in der Champions League war er an drei Toren beim Triumph über Inter Mailand beteiligt und im DFB-Pokal-Halbfinale erzielte er den Siegtreffer gegen die Bayern. Der Gewinn des DFB-Pokals war der erste große Titel, den S04 seit 2002 gewann. In der Folgesaison wurde Raúl sogar zeitweise das Kapitänsamt übertragen, er führte Königsblau unter anderem gegen Erzrivalen Dortmund ins Feld. Nach zwei erfolgreichen Jahren endete dann das Kapitel Bundesliga. Die Sturm-Legende wurde nach seinem letzten Heimspiel feierlich verabschiedet und anschließend sogar in die „Ehrenkabine“ der Königsblauen aufgenommen.
Ein echter Globetrotter
Doch Raúls Reise war damit noch lange nicht beendet. 2012 zog es den Tor-Torero mit 35 Jahren nach Dubai, wo er für zwei Jahre beim Al-Sadd Sports Club unterschrieb. Er spielte auf Anhieb in jedem der 22 Liga-Spiele über die volle Distanz und erzielte neun Treffer. Al-Sadd wurde auch dank Raúl Meister in der Qatar Stars League und qualifizierte sich für die asiatische Version der Champions League. 2013/14 musste der Madrilene dann in zwölf Spielen pausieren, die Saison war im Allgemeinen nicht von Erfolg gekrönt. Anschließend lief der Vertrag aus und Raúl klapperte abermals einem neuen Kontinent ab. Im Oktober 2014 unterschrieb er für ein Jahr bei New York Cosmos in der zweiten amerikanischen Liga. Der Spanier scheint die Titel magisch anzuziehen, auch in den USA gewann er die Meisterschaft. Im Halbfinale der NASL Championship erzielte er den Siegtreffer, der seinem Team ins Finale und letztendlich zum Titel verhalf.
Die Karriere von Raúl in Zahlen
Vereinszugehörigkeit | Verein | Spiele | Tore |
---|---|---|---|
1994-2010 | Real Madrid | 745 | 326 |
2010-2012 | FC Schalke 04 | 98 | 40 |
2012-2014 | Al-Sadd Sports Club | 44 | 11 |
2014-2015 | New York Cosmos | 32 | 9 |
Was macht Raúl heute?
Heute ist der 102-fache Nationalspieler Botschafter für Enterprise Rent-A-Car, das Unternehmen ist UEFA-Sponsor. Raúl ist seit 1999 mit Ex-Model Mamen Sanz verheiratet, der Tochter des damaligen Real-Präsidenten Lorenzo Sanz. Das Paar hat vier Söhne und eine Tochter, sein 13-jähriger Sohn Hugo spielt momentan für die Jugendakademie des New York City FC. Das erste Team des Vereins spielt in der höchsten amerikanischen Liga und beherbergt Stars wie Andrea Pirlo, David Villa und Frank Lampard. Der Youngster ist also sowohl zuhause als auch im Verein von Idolen umgeben. Sein älterer Bruder Jorge trat ebenfalls in die Fußstapfen ihres berühmten Vaters, der 19-Jährige kickt momentan bei Fordham.
Und wie geht es jetzt weiter? „Um meine Trainer-Karriere starten zu können, brauche ich noch die nötige Lizenz“, erzählte Raúl kürzlich in einem Interview. Für die Zukunftsplanung kommt das Thema Fußball also durchaus infrage. Der ehemalige Top-Stürmer ist zwar momentan Botschafter des offiziellen Sponsors der UEFA Europa League, der Platz in der Coaching-Zone wäre aber ein weitaus größerer Schritt zurück zum Fußball. „Ich wäre gerne irgendwann Schalke-Trainer. Der Klub hat einen Platz in meinem Herzen.“