Three Nights in Paris: Deutschland gegen Polen und die Rückkehr ins Stade de France

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Nach einer durchzechten Nacht mit Engländern in Lille machten wir uns am Dienstag auf den Weg nach Paris. Mit unserem Leihwagen ging es im Schneckentempo von 130 km/h durch die verkehrsberuhigte Zone namens Autobahn. Für das permanente Ausbremsen zahlten wir dann auch noch 16 € Maut. Der Weg rein in die Stadt verlief reibungslos und so bezogen wir zu fünft unsere 30m² Wohnung im 5. Arrondissement. Die Gegend war einfach traumhaft schön, unsere Bude erwies sich für fünf ausgewachsene Männlein als ein wenig zu klein. Davon mal abgesehen war es aber die perfekte Unterkunft für uns, denn viele Cafés, Bars, Restaurants und der Markt in der Rue Mouffetard – dort gibt es den besten Crêpes der Welt – waren direkt in unserer Nähe.

Thanks God it´s Matchday

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Nach einigen Sightseeing-Tagen in Frankreich und zuletzt einem Besuch der Fanmeile beim Spiel Frankreich gegen Albanien war es endlich soweit: Matchday! Der Tag startete mit einem selbstgemachten Frühstück mit frischen Baguettes vom Bäcker, Lachs, Rührei und diversen französischen Leckereien. Dann ging es in Richtung Notre Dame um einen geeigneten Ort zum Fussballschauen zu finden – um 15 Uhr startete mit der Partie England gegen Wales der Spieltag. In einer Sportsbar namens “Australien Bar” schauten wir das Match. Die Bar war proppenvoll mit vollen Engländer und das Spiel ging glücklich an die Löwentruppe. Ganz nette Randerscheinung war, dass wir endlich mal wieder ein Spiel ohne französischen Kommentator schauen konnte.

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Nach dem Spiel im Pub machten wir uns auf den Weg Richtung Saint Denis. Schnell besorgten wir uns noch ein paar Wegbier (in einigen Regionen Deutschlands sagt man dazu auch Fuß-Pils) inklusive dem dazugehörigen siamesischen Zwilling, einem Döner Kebab. Der Metro Plan irritierte uns und da wir jegliche Gefahr eines einseitigen Spiel-Boykotts vermeiden wollten, rief unsere amerikanischer Freund ein Uber. Stilecht in einem Mercedes-Van schwebten wir uber den Wolken in Richtung Stade de France. Wir waren gute 40 Minuten unterwegs, eigentlich dachten wir, dass es schneller geht, aber mit Bier und Gesangsproben konnten wir die Zeit gut überbrücken. Am Stadion angekommen hieß es für den fünften Mann aus Übersee noch ein Ticket zu beschaffen. Nach kanppen 20 Minuten hatten wir ein Ticket für 100€, was dem offiziellen Ticketpreis exakt entsprach. Komisches Geschäftsmodell!

Señoritas im Arm, Tequila lauwarm

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Mit Tickets ausgestattet konnten wir jetzt den ersten Sicherheitsring überwinden, was sehr schnell ging. Anschließend mussten wir noch ein paar Meter Richtung Stadion laufen, ehe in Blocknähe die nächste Sicherheitskontrolle folgte. Alles in allem gingen die Sicherheitschecks aber entegegen der Ankündigungen ziemlich flott vonstatten. Wir schmuggelten eine mexikanischen Flagge ins Stadion, da diese aus mir unbegreiflichen Gründen nicht mit ins Stadion genommen werden durfte – was ja Quatsch ist. Warum wir eine mexikanische Flagge dabei hatten ist mir allerdings auch ein Rätsel. Also checkten wir mal das Sicherheitssystem auf Herz und Nieren und kamen mit der Flagge in der Tasche durch. Unsere Plätze waren im dritten Oberrang fast ganz vorne. Für Plätze der Kategorie 2 hatten wir irgendwie mehr erwartet. Aber egal – jetzt gings los. Im Stadion war der Anteil deutscher bzw. polnischer Fans ziemlich ausgeglichen und die Stimmung prächtig. Wir sahen viele Franzosen mit dem Trikot der Nationalmannschaft, oder wie uns die Franzosen nennen: Die Mannschaft. Da scheint die Oliver-Bierhoff-Marketing-Strategie voll aufgegangen zu sein.

90 Minuten ohne Highlights

Das Spiel plätscherte ein wenig vor sich hin, zum Beklatschen gab es lediglich Defensivaktionen. Etwas enttäuschend was die Offensive ablieferte, die Polen waren außerdem sehr bissig in den Zweikämpfen und kamen auch zu der ein oder anderen Chance. Aber ein Glück war Milik etwas blind und unsere Defensivwaffe namens Hummelsboateng on fire. Das Spiel endete verdient mit 0:0 unentschieden. Nach den vielen Ausschreitungen der letzten Spiele sollte man noch erwähnen, dass es um und im Stadion friedlich blieb und der Support bei beiden Fanlagern im Vordergrund stand. Das chaotischste am Tag war unsere Abreise, aber schließlich fanden wir unsere Bahn und konnten nach 20 Minuten Wartezeit zum Gare du Nord fahren.

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Von dort aus ging es mit der Metro bis Pigalle. Für unsere vorerst letzte Nacht in Paris wählten wir die Gegend um “Moulin Rouge” und stürzten uns ins Nachtleben ohne zu stürzen. Ein paar Bier hier und da gepaart mit 10 bis 20 Crêpes – das war es dann auch schon. Für den Weg nach Hause zeigte unser Navi schlappe 5,8 km Fußweg – nach 3 km hatten wir die Schnauze voll und riefen mit den letzten Akku-Prozenten ein Uber. Anschließend Tiefschlaf und Pokalträume inklusive besiegtem Italienfluch. Am nächsten morgen reisten wir ab. Phil, eigentlich aus Los Angeles, reiste nach Manchester zu einem Stone-Roses-Konzert, Mathias nach St. Tropez zu einer Firmenfeier ohne Armbändchen und Chris, Torsten und Andi fuhren mit dem Leihwagen zurück nach Brüssel. Von dort ging es dann, nein, nicht mit dem Zug nach Köln sondern mit dem Flieger und ordentlich Verspätung im Gepäck nach Berlin.

von Andreas Heiden